Bericht NABU- Führung „Biodiversität im Privatgarten“

Susanne Piwecki führte durch ihren Naturgarten in der Bahnhofstraße in Oberzeuzheim und legte anschaulich dar, wie sich auf einem Grundstück eine Vielzahl an Lebensräumen für Tiere und Pflanzen schaffen lassen.

Die stellvertretende NABU-Vorsitzende begrüßte zunächst die zahlreich erschienenen Besucher und erläuterte kurz, was es mit dem Begriff „Biodiversität“ auf sich hat.

 

Gemeint ist damit die Vielfalt der Arten, die Vielfalt der Lebensräume und die Genetische Vielfalt innerhalb einer Art. „Wir brauchen vor allem auch die genetische Vielfalt“, erklärte Frau Piwecki, „denn ohne genetische Vielfalt ist eine Art anfällig beispielsweise im Falle von Krankheiten oder plötzliche Veränderung der Lebensumstände“. Nur eine große genetische Vielfalt schaffe eine zuverlässige Lebensgrundlage für die existierenden Arten.

 

Und da die Fläche aller Privatgärten in Deutschland etwa der Fläche aller Naturschutzgebiete entspricht, kann man im eigenen Garten in Hinsicht auf Vielfalt schon einiges bewirken. Während der Führung ging Frau Piwecki besonders auf einheimische Wildpflanzen als Grundlage allen Lebens ein. Von ihnen leben direkt oder indirekt alle Insekten, von denen dann wiederum Vögel, Amphibien, Säugetiere und nicht zuletzt auch der Mensch abhängig sind.

 

Zur Zeit verzeichnen wir einen rasant fortschreitenden Rückgang blühender Wildpflanzen und Lebensräume für Insekten, ein alamierender Verlust von Insekten ist die Folge. Zur Zeit fehlen laut Studien zwischen 70 und 95% der Insekten- Biomasse.

 

Davon betroffen sind u.a. ein Großteil unserer rund 560 einheimischen Wildbienenarten. Besonders solitär, also alleine lebende Wildbienen haben es immer schwerer, da sie vielfach auf bestimmte Pflanzen angewiesen sind und nur im näheren Umkreis ihrer Nester suchen. So braucht die Glockenblume-Scherenbiene beispielsweise unbedingt Glockenblumen als Pollenlieferanten. Ein Insekt der Roten Liste ist auch die Natternkopf-Mauerbiene, streng spezialisiert auf den Natternkopf, eine wunderschön blau blühende Staude.

Susanne Piwecki hat sie in ihrem Garten und damit auch entsprechend viele Glockenblumen-Scherenbienen bzw. Natternkopf-Mauerbienen. Der Betrachter sieht und spürt das „Leben“ in den Stauden, wenn es summt und brummt.

 

„Generalisten“ wie staatenbildende Hummeln oder die Honigbiene haben es etwas einfacher, denn sie fliegen in einem Radius bis zu mehreren Kilometern unterschiedlichste Pflanzen an. Susanne Piwecki verglich unsere Natur mit einem Netz, in dem die unzähligen Knoten die verschiedenen Tier- und Pflanzenarten symbolisieren. Je mehr Knoten das Netz besitzt, umso stabiler ist es und selbst wenn man es stark in allerlei Richtungen zieht, so findet es immer wieder zu seiner ursprünglichen Form zurück. Entfernen wir nun Knoten aus diesem Netz, entfernen also selektiv Pflanzen oder Tiere aus der Natur, so werden die stabilisierenden Knoten immer weniger und letztendlich reisst das Netz, das biologische Gleichgewicht kippt und einige Arten nehmen überhand.

 

Auf den Garten projiziert, bedeutet das, je mehr Arten es auf einem Grundstück gibt, umso geringer wird das Risiko, dass eine Art überhand nimmt und Schaden anrichtet. Das liegt daran, dass alle Arten in Abhängigkeiten voneinander leben und sich gegenseitig 'in Schach' halten. Um eine möglichst hohe Artenvielfalt im Garten zu schaffen und somit das biologische Gleichgewicht zu stärken, rät die Naturgärtnerin, einheimische Pflanzen zu setzen, den Garten in verschiedene Bereiche aufzuteilen und diese untereinander zu vernetzen. Da ist zum einen das Trockenareal, wo Pflanzen auf Schotter wachsen, der feuchte Bereich mit Teich oder Sumpfbeet sowie sonnige und schattige Bereiche.

 

Überdies sind chemische Insekten- oder Pflanzenschutzmitteln tabu. Sie töten neben dem 'Schädling' auch alle natürlichen Gegenspieler. Berücksichtigen sollte man auch die komplexen Ansprüche der meisten Tierarten. So genügt es z.B. nicht, als Unterschlupf für Igel Reisighaufen zur Verfügung zu stellen, sondern man muss auchdafür sorgen, dass der Igel im unmittelbaren Bereich Nahrung findet. Er frisst Schnecken, Asseln und andere Insekten, die wiederum ihren speziellen Lebensraum durch die entsprechend angepflanzten Pflanzen und z.B. Totholz im Garten erhalten. Wer eine Wildbienennisthilfe aufhängt, sollte daran denken, dass er als Nahrung entsprechende Wildpflanzen in unmittelbarer Nähe anpflanzt, da diese Bienen sich fast ausnahmslos nur von diesen ernähren und keine langen Strecken zurücklegen.

 

Ein Naturgarten bietet an einem Ort viele verschiedene Lebensräume. Für den Besitzer hat die Berücksichtigung natürlicher Zusammenhänge mehrere Vorteile: Sind einheimische Pflanzen standortgerecht gepflanzt, so muss er weder gießen noch düngen, er muss kaum zurückschneiden und kann das wenige Schnittmaterial im Garten belassen. So entstehen Totholzbereiche für Insekten, Igel u.a. Lebewesen in Form von beispielsweise Benjeshecken, das sind Hecken aus ineinandergeschichteten Ast- und Reisigresten.

 

 

Im naturnahen Garten erfolgt der Rückschnitt der Pflanzen und Stauden im Frühjahr, sodass viele Tiere im Winter Nahrung bzw. Unterschlupf finden. Auf diese Weise schließt sich der im Frühjahr beginnende Kreislauf des Lebens innerhalb eines Jahres wieder. Zum Schluss der interessanten Führung bedankten sich die Besucher und stellten noch viele Fragen, auf die Frau Piwecki gerne einging.

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